Am OLM Space läuft das Kunstpublikum nicht einfach so vorbei, es muss ziemlich genau wissen, wo sich der Kunstraum befindet. Unter einer Autobahnbrücke in der Nähe von Neuenburg betreibt der Künstler Renaud Loda (*1981) seit 2010 diesen ungewöhnlichen und illegalen Ort für zeitgenössische Kunst. In unregelmässigen Abständen, und zum Teil in nur einen Abend dauernden Aktionen, bietet er Künstlerinnen einen weissgestrichenen Raum für Ausstellungen. Er ist offen gegen aussen, nur von Rohren und einer Eisenkonstruktion geschützt, und kommt ohne Strom aus. Der Blick aus dem Raum geht ins Grüne und um in den Raum zu gelangen müssen die Besucher eine kleine Kletterpartie wagen. Diese natürlichen Einschränkungen führen dazu, dass sich die geladenen Künstler entweder eine Arbeit überlegen, die den äusseren Umständen trotzen oder ebendiese in ihre Werke integrieren.
Fabian Boschung (*1983) hat in den letzten Jahren den OLM Space mehrere Male bespielt. Von Loda erhielt er nun eine Carte-Blanche für die Ausstellung in DIE DIELE. Dazu kam es aus dem simplen Grund, dass Boschung gegenüber Loda andeutete, auf der Suche nach einer geeigneten Vitrine für neue Arbeiten zu sein. Die beiden sind alte Kollaborateure und zusammen mit dem Künstler Sébastien Verdon (*1979) sind sie fester Bestandteil der Neuenburger Kunstszene. Die Ausstellung in Zürich nennt Boschung „Soap“ in Anspielung an die Seifenoper. Nie endende Erzählstränge und dramatische Höhepunkte reihen sich darin aneinander, das Niveau und die Stilmittel sind gefällig und genau auf die Zielgruppe abgestimmt. Die Machart wird nicht selten von einem Fachpublikum als unbefriedigend empfunden. Zudem knüpft Boschung mit „Soap“ lose an seine letzte Ausstellung „Feeling“ im Centre d’Art Neuchâtel an und lässt so seine eigene Serie entstehen. In den beiden Vitrinen zeigt der Künstler drei Malereien und eine Skulptur. Auf den verschiedenfarbigen Ölgemälden kleben Krawatten, die Skulptur besteht aus Jakobsmuscheln und aufgeleimten braunen, blumenförmigen Katzensnacks. Das ganze Arrangement schreit nach Absurdität und provoziert die Frage nach der Ernsthaftigkeit seiner Arbeit. Boschung interessiert sich seit längerem für die Ästhetik von Selbstgebasteltem oder von Dekorationsobjekten im Alltag, in Wartezimmern oder in Büroräumlichkeiten. Inspiriert von esoterisch angehauchten Muschelobjekten seiner Mutter, begann er diese eigene Ästhetik des Amateurhaften zu verfolgen und wandelt sie bewusst in eine Art Anti-Ästhetik um. Er bringt sich beispielsweise beim Kaufen von Farbe für seine Gemälde dazu, diejenigen Töne zu nehmen, die ihn im ersten Moment nicht ansprechen, als würde er versuchen seinen Sinn für Schönheit umzupolen. Alles was auf den ersten Blick gefällt, ist zu hinterfragen. Mit der richtigen Strategie gewinnt er gar Einfluss auf seinen eigenen Geschmack oder denjenigen der Betrachter.
Aline Juchler