JULIA STEINER

«CLOSE TO SKIN»

09.02. – 27.02.2013

VERNISSAGE 08.02.2013


Die Haut dient der Abgrenzung von Innen und Aussen (Hüllorgan), dem Schutz vor Umwelteinflüssen, der Repräsentation, Kommunikation und Wahrung der Homöostase (inneres Gleichgewicht). Die Haut schützt vor Wärmeverlust und äusseren Einflüssen und dient der Aufnahme von Berührungsreizen. Darüber hinaus erfüllen die einzelnen Bestandteile spezialisierte Funktionen, wie beispielsweise die Hornschicht Schutz vor Verletzungen und Austrocknung bietet oder freie Nervenendigungen das Berührungs- und Schmerzempfinden regeln. Die Haut stellt den sichtbaren Teil des menschlichen Körpers dar. Als solcher erfüllt die Haut eine Reihe kommunikativer Funktionen und trägt schliesslich zum Individualempfinden eines Menschen bei. Die aus einem Lexikonartikel entnommenen medizinischen Eigenschaften des grössten menschlichen Organs hallen beim Betrachten von Julia Steiners zweiteiliger Komposition «Close To Skin» nach. Die *1982 geborene und – wie Fiechters und Baumgartners – in Bätterkinden aufgewachsene Künstlerin präsentiert in den beiden Vitrinen von DIE DIELE filigrane Fragmente, welche auf den menschlichen Körper und seine Versehrbarkeit verweisen. Im linken Schaufenster fallen zwei Latexbahnen über eine in den Seitenwänden fixierte Stange. Sie schimmern halb durchsichtig und erinnern in ihrer Farbigkeit an Häute. Es ist nicht der industriell produzierte, makellose Latex, den Steiner verwendet, sondern einer mit feinen Falten, Rümpfen und leichten Farbveränderungen. Die Künstlerin hat ihn selbst angefertigt. Beim Betrachten schwankt man zwischen Wunsch und Widerwillen das kühle Material zu berühren und über die Unebenheiten zu fahren. Im rechten Schaufenster ist ein Gefüge von mehreren Objekten zu sehen. Sie unterscheiden sich alle in Material, Volumen und Grösse. Dass sie sich ebenfalls auf den menschlichen Körper zurückführen lassen, verbindet sie jedoch. Einzelne Objekte gleichen Körperfragmenten: das schwarze, weich hängende Gebilde ähnelt in seiner Verästelung einem inneren Organ oder Nervensträngen; die Wienerwürstchen in einem Latexhandschuh erinnert allzu plastisch an unsere eigenen Extremitäten. Wichtig ist in der Installation beider Schaufenster, dass Steiner die Gegenstände nicht festmacht. Die Latexlappen sind sorgfältig drapiert, fallen aber frei über die Stange; die Künstlerin zwingt ihnen keine Spannung auf. Die Objekte im anderen Fenster schweben entweder in der Luft oder stehen lose auf dem Boden – ganz so als könnte jederzeit das Arrangement leicht angepasst werden. Es ist eine temporäre Anordnung, keine starre, in sich ruhende Behauptung von Gegenständen. Damit geht auch eine Freiheit der Assoziationen einher, die beim aufmerksamen Betrachten der surrealen Objekte entsteht. Weiter ist Steiners Ansatz entscheidend, die richtige Kombination von allen Elementen zu finden. Dies erfolgt intuitiv, aber nach einer Systematik, mit klarem Blick und präzisen Handgriffen. Ähnlich der Fensterscheibe in diesem spezifischen Kontext, dient die Haut dem Körper als «Abgrenzung von Innen und Aussen». Die Haut hat eine Schutzfunktion, andererseits bedeutet Haut zu zeigen auch sich zu entblössen oder etwas offenzulegen. Julia Steiner überträgt diese Gegensätze auf ihre Arbeit «Close To Skin» indem sie im Schaufenster die Objekte den offenen Blicken der Strasse präsentiert. Insofern können die Latexlappen auch als erweiterter Sichtschutz verstanden werden, die etwas verdecken, was gar nicht da ist


Aline Juchler

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